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Ein Mann spannt aus.
Seine Phantasie läuft Stelzen durch
die frühe Stunde, voller Neugier,
voller Entdeckerfreude. Seine
Phantasie, nicht er selbst. Denn der
Mann ist modern. Komfortgewöhnt,
up to date. Tempobesessen
obendrein, und also Besitzer einer
flotten Limousine. Was ihm ein Tag
inmitten von Unrast und Pflichten an
Erholung zu bieten hat, das ermißt
er am Abend anhand der
bewältigten Strecke. Alles unter
200 Kilometer, so meint der Mann,
sei eine Bagatelle.
Bagatellen sind witzlos. €)
Stimmt.
Die Weisheit, daß nicht das Was,
sondern das Wie eines Erlebens
den Spaß einer Sache ausmacht,
hat er irgendwann einmal gelesen.
Und vergessen, versteht sich.
Bis zu diesem Morgen, als er
feststellte: Die Batterie ist leer.
Erschöpft. So gut wie tot.
Genau genommen - beide
Batterien, begreift der Mann. Die
seiner Gemütsverfassung, seiner
geistigen Spannkraft (gewarnt hatte
der Arzt schon lange) und eben die
andere, die Autobatterie.
Weiß der Himmel, was den Mann in
den Sattel des Stahlrosses brachte,
das ihm ein wohlmeinender
Nachbar lieh.
Reine Neugier?
Oder Mitleid? (Mit seiner eigenen
Leere.)
Wahrscheinlich auch ein gewisser
Selbsterneuerungstrieb.
Egal.
Jedenfalls geschah es, daß der
Mann sich zum erstenmal seit wer
weiß wie lange aus eigener Kraft
per Rad fortbewegte. Im Zickzack
zunächst. Rund um den Hof. Doch
dann geradeaus. Immer der Straße
nach.
Was für ein Erlebnis — die Welt um
dich her vom Sattel aus gesehen:
Das fast schwerelose, geruhsame
Rollen.
Der Wind, der dich umschmeichelt.
Die Düfte, die ihn begleiten.
Die ganze Natur verliert ihre sonst
gewohnte Verschwommenheit und
wird — als „Kilometerfresser par
excellence“ reibst du dir dreimal die Wf
Augen - zu einer durch Farben und
Formen gegliederten Landschaft.
Du hörst, was du noch niemals
hörtest, so oft du im dritten Gang,
den Blick auf die vorfahrtberechtigte
ao
er
hu Se:
Straße von rechts gerichtet, das
Unterbewußtsein dem Motor-
brummen zugewandt, an diesem
Punkt die Grenze der Stadt-
randsiedlung überquertest:
Hahnenschrei und Kinderlachen.
Das Wispern im Laub der
Ebereschen.
Das stillvergnügte Pfeifen eines
Mannes, der seinen Gartenzaun
pinselt. — Schalksaugen und
tätowierte Arme. Symbole aus
Seefahrerzeit. Und Goldfische im
Becken aus Zement und Bruch-
steinen. Kalmusüberschottet.
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Kalmus von einer Sorte, den du
seither nur am Meer gefunden
hast. Ferienselige Erinnerungen
steigen in dir auf. Träume im
Sattel.
Und von der Treppe in der Sonne
lächelt dir jemand zu. Kein Traum.
Ein langbeiniges Mini-Mädchen.
Fesch. Eine Prise Übermut im Blick.
Das alles bemerkst du en passant
vom Rücken deines Stahlrosses aus.
& wenn du willst, dann hältst du
Ih.
Kein ärgerliches Hupkonzert. Kein
Aufsehen. Keine Skepsis.
Bist einer auf zwei Rädern, den der
Zufall vorüberweht, mit dem man
gleich daraufloserzählt, wenn er zu
den Goldfischen hinüberblinzelt.
(Und zu dem Mädchen.)
Es ist, als hättest du eine Wand
durchstoßen, die dich 50 lange vom
eigentlichen Leben getrennt hat.
Und die Leere in dir Spürst du
Schwinden.
Peu a peu.
Um es gleich vorweg zu sagen:
Besagter Radler ließ sein Auto
nicht verschrotten.
Er schätzt Tempo und
Bequemlichkeit seines fahrbaren
Untersatzes mit vier Rädern nach
wie vor.
Aber anders als vorher.
Er klebt weder tagaus, tagein im
Sattel, noch opfert er
halsbrecherischer Geländefahrten
zuliebe alle Freizeit.
Er blieb modern. Up to date.
Komfortgewöhnt.
Und noch ein bißchen mehr —
genußgewöhnt. Denn an die Ste ,
atemlosen Registrierens aller Dinge
ist eine tiefere Wertschätzung
getreten.
Er hat gelernt, der Unrast
des Daseins Herr zu werden. Ohne
Beruhigungstabletten.
Das Erlebnis der Fortbewegung aus
eigener Kraft hat sein
Wahrnehmungsvermögen geschärft
und neue Lebensgeister in ihm
geweckt. Unser Zeitgenosse hat
begriffen, daß das Balancehalten
per Zweirad hilft, das seelische
Gleichgewicht wiederzuerlangen.
Der Wahlspruch des schöpferischen
Pausemachens?
Genieße das Leben mit Verstand
und Muße und — mit dem Klapprad
im Kofferraum. (Nicht wenige
schwören auf MIFA-FABRIKATE.)
Immer zur Hand für Halbstunden-
Expeditionen auf wundersamen
Schlängelwegen.
Sonntagsstimmung verteilt auf die
ganze Woche.
Und die Freude am Entdecken.
Dieser Mann entdeckte sogar sich
selbst.
Er wurde sich radelnd seiner selbst
bewußt, seiner Vorurteile, seiner
Entfremdung, aber auch der in ihm
schlummernden Kräfte. Und eben
deshalb auch der Fähigkeit der
Selbsterneuerung.
Dieses Verhältnis ist bereits
gestört.
Unheilvoll gestört, wie die Jünger
ÄAskulaps beweisen.
Es fängt zumeist ganz harmlos an:
Mit Abnahme der Muskelkraft oder
der Konzentrationsfähigkeit etwa.
Einengung der Lungenleistung
kommt hinzu, oft bei gleichzeitiger
Gewichtszunahme. Funktions-
störungen des Herzkreislaufs sind
1 die Folge.
Allerhöchste Zeit also,
Schlimmerem
vorzubeugen.
krempeln
unser
Leben um y
— elektronische Automaten
übernehmen Fabrikationsprozesse.
Roboter eröffnen dem technischen
Fortschritt ungeahnte Möglichkeiten.
Heureka — welche Perspektiven!
Und welche Gefahren!
Von der Notwendigkeit des
seelischen Gleichgewichts in unserer
Welt war schon die Rede. Nicht
minder wichtig ist, daß sich der
menschliche Organismus im
Gleichgewicht mit der
hochtechnisierten Umwelt befinden
muß, wenn er leistungsfähig bleiben
soll.
Daß es erst gar
nicht kommt
zumKnaxe,
erfand der Arzt die
Prophylaxe |
E es a
Medizin
mit
Freilauf
— eben das Radfahren — noch nicht,
sie müßte erfunden werden.
Kaum eine sportliche Betätigung
nimmt den ganzen Menschen so in
Anspruch wie eine Fahrt mit dem
Rade.
Und sicher hat gerade die
Erkenntnis am meisten zur
Verbreitung des Radelns
beigetragen, daß diese Art der
Fortbewegung gestattet, mit
kleinstem Kraftaufwand ein
Höchstmaß körperlicher Leistung
zu entfalten.
Es gibt keine effektivere Methode
zur Anspannung der Fuß-, Bein-
und Schenkelmuskulatur einerseits
und der Bauch-, Schulter- und
Armmuskulatur andererseits.
Die körperschulende Wirkung
des Radfahrens wird durch die
gleichzeitige Tiefatmung
hervorragend ergänzt.
Ohne Essen und Trinken kommt man
notfalls tagelang aus.
Luftmangel führt nach wenigen
Minuten zum Tode.
Unzureichende Sauerstoff-
versorgung macht mürrisch, müde
und krank.
Da der Atmungsvorgang die einzige
vegetative Funktion darstellt, die
weitgehend dem Willen des
Menschen unterliegt, kommt es
darauf an, richtiges Atmen zu üben.
Radfahren forciert Tiefatmung.
Auch auf diese Weise wird den
gesundheitbedrohenden Schreck-
gespenstern unseres Jahrhunderts
Paroli geboten.
Alles in allem:
MEDIZIN MIT FREILAUF —
klassisch symbolisiert in den
technischvollendeten MIFA-
Rädern — bringt dreifachen
Gewinn:
ERLEBNIS —
NATURVERBUNDENHEIT —
GESUNDERHALTUNG.
Quadrat demonstrandum -
was zu beweisen war,
Sagt der Mediziner.
=SalIren
0%
KRAFT
Dieser Vorzug hat das Radfahren
SO populär gemacht.
Besser gesagt: Wieder populär
gemacht.
Im Überschwang der Begeisterung
für das Zeitalter der Motorisierung
verstaubte so manches brave
Tourenrad im letzten Winkel eines
Hausbodens. Blanke Speichen
wurden blind. Lenker ärgerten sich
krumm. Bereifungen hauchten ihr
Leben aus.
Und tausend Motoren lachten
hohn....
Allen Unkenrufen zum Trotz steht
das Radeln in aller Welt wieder
hoch im Kurs.
Die Umsatzkurven der Fahrrad-
fabriken von Rang zeigen steigende
Tendenz. Natürlich auch bei den
MIFA-Werken.
Der Vorteil, mit kleinem
Kraftaufwand schnell vorwärts zu
kommen, macht das Radfahren
(nicht nur aus medizinischen
Gründen) besonders heutzutage
attraktiv.
Denn der Dschungel der
Verbotsschilder für Kraftfahrzeuge
sprießt noch und noch.
An den
Brennpunkten der Städte und in den
reizvollsten Landschaften.
Und das nicht nur zur Sommerszeit.
Übrigens: Die Zahl der Kraft-
fahrzeuge in aller Welt geht stramm
auf die 200 000 000 zu.
Was Wunder also, daß sich das
RADFAHREN wachsender Beliebt-
heit erfreut.
Höher in die Berge, tiefer in die
Wälder, dichter an die Seen —
mit dem FAHRRAD kein
Problem.
Zum ungestörten T&te-a-t&te am
Busen der Natur gehört das Rad.
Am besten ein MIFA-Rad.
Der Zuverlässigkeit halber.
Zur ungetrübten Freude am
Radfahren gehört ein Talisman.
Der beste Talisman: Die
STRASSENVERKEHRSORDNUNG.
„Vorsicht und gegenseitige
Rücksichtnahme...“ Na, Sie
wissen schon.
Paragraphen
schützen vor
Torheit nicht
Wer eine Vorliebe für Speichensalat
hat oder Streckverbände für schick
hält, der lasse sich keine der
FÜNF TODSUÜNDEN EINES
ZUNFTIGEN RADLERS
entgehen.
Nämlich:
Trunkenheit im Sattel.
Pulkfahrten auf belebten Straßen.
Anhängen an LKWs.
Güternahverkehr per Rad mit
Überbreiten.
Artistik a la
Hoppla-jetzt-komm-ich.
Schade um Sie.
Schade ums Fahrrad. Besonders
dann, wenn es sich um eines der
eleganten MIFA-Modelle handelt.
Der alte Drais würde sich im Grabe
herumdrehen.
Freiherr Carl Drais
von Sauerbronn
dem geistigen Vater des
„Tretomobils“.
„Ich zahle die Zeche für alle Gäste
der ‚Goldenen Traube‘, wenn es mir
heute nicht gelingt, mit meinem
Laufrad die Schwetzinger Schnell-
post in den Schatten zu stellen!“
kündigte der bärtige Sonderling
am 12. Juli 1817 an.
Kein Mensch gab einen roten
Heller für das kuriose Veloziped
(lateinisch: velox = schnell,
pes = Fuß) aus einfachen Balken
und unbeschlagenen Holzrädern. Es
fehlte auch nicht an
Verunglimpfungen, als Herr Drais
sich anschickte, sein Gefährt, mit
den Füßen abwechselnd vom
Erdboden abstoßend, über die
Landstraße vorwärts zu balancieren.
Die allgemeine Skepsis schlug sehr
bald in Anerkennung um.
Was niemand für möglich gehalten
hatte, geschah: Der Forstmeister
bewegte sich aus eigener Kraft
doppelt und dreifach so schnell fort
wie die mit vier Pferden bespannte
Kutsche.
Von Stund an eroberte die Draisine
die Herzen aller am technischen
Fortschritt interessierten Geister.
Die Geschichte des Fahrrades — von
der Draisine über das Hochrad bis
zur Michauline und zum Rover —
ist abenteuerlich und komisch,
sonderbar und erregend und
verdient eine gesonderte
Würdigung.
Hier nur soviel:
Ähnlich wie im Kraftfahrzeugwesen
haben sportliche Konkurrenzen auch
zur Vervollkommnung des Fahrrades
beigetragen.
Beschleunigtes Tempo setzte
Verringerung des Eigengewichts
voraus. Deshalb traten an die Stelle
hölzerner und eiserner
Verstrebungen schließlich Stahl-
rohrrahmen.
Dem Problem der inneren Reibung
der Tretlager war nur durch Rollen
und Kugeln als Lagerelemente
beizukommen. Kugel-Fischer aus
Schweinfurt wußte Rat.
Weil der Luftwiderstand eines
Radfahrers im Quadrat mit seiner
Geschwindigkeit zunimmt, ergab
sich die Notwendigkeit, vom
Hochrad zum Niederrad über-
zugehen. (Abgesehen davon
sprachen auch technische
Zweckmöäßigkeitserwägungen für
die neue Form.)
Der Engländer Starley ertüftelte
noch im vergangenen Jahrhundert
ein entsprechendes Modell, das er
Rover nannte. (Englisch: to rove =
herumschweifen.) Der Rover besaß
schon alle Merkmale des modernen
Fahrrades, einschließlich Ketten-
antrieb, Lenker und Luftreifen.
Hätte sich übrigens der schottische
Tierarzt Dr. Dunlop nicht so
nachhaltig über den Lärm geärgert,
den sein Filius mit einer Karre auf
dem Pflaster verursachte, wäre er
sicher nicht auf die Idee gekommen,
voller Zorn ein Stück Gartenschlauch
auf das eiserne Rad zu binden...
und die Radfahrer in aller Welt
hätten sich noch ein bißchen länger
unbereift über die Straßen des
Globus quälen können.
Das 20. Jahrhundert brach an.
Was nun noch zu tun übrigblieb,
war, bis auf den Freilauf, Beiwerk
und Staffage.
Die Jahresproduktion an Rädern
betrug in Deutschland rund 100 000
Stück und wuchs von da an
sprunghoft.
Nicht unmoßgeblich beteiligt an
dieser Entwicklung war
Mifa - vormals Mitteldeutsche
Fahrradwerke G.m.b.H.,
gegr. 1907,
jetzt VEBMIFA-Werke
Sangerhausen / DDR.
Ein Betrieb also mit
respektabler Tradition.
Ihre Anfänge fallen zeitlich etwa
zusammen mit den Anfängen der
epochemachenden Konstruktion
der Torpedo-Nabe.
Der von Ernst Sachs erfundene
Mechanismus, der Antrieb, Freilauf
und Bremse zugleich ist, machte das
Fahrrad schließlich zu dem, wovon
der mechanikbesessene Forstmeister
bestenfalls zu träumen wagte: zum
Massenverkehrsmittel und zu einer
Art Medizin für alle, die der Natur
und der Bewegung entwöhnt sind.
MIFA-RÄDER
erfreuen sich in mehr als
30 Ländern der Erde
außerordentlicher Beliebtheit.
MIFA —
das ist FORTSCHRITT
AUS TRADITION.
Gr wit
In dieser Broschüre Sind folgende
Fahrradmodelle unseres
Fertigungsprogramms enthalten:
Modell 152
Damen-Tourenfahrrad 28“
Modell 101
Herren-Tourenfahrrad 28“
Modell 202
Herren-Sportfahrrad 28“
Modell 251
Damen-Sportfahrrad 28“
Modell 301
Knabenfahrrad 26“
Modell 351
Mädchenfahrrad 26“
Modell 305
Sportliches Knabenfahrrad 24”
Modell 355
Sportliches Mädchenfahrrad 24”
Modell 401
Kinderfahrrad 20”
Modell 901
Klapprad 20”
Gestaltung, Grafik,
Fotoregie:
Götz Eckart, DEWAG Dresden
Text:
Adrian Quint
Foto:
SLP-Studio
Organisation:
W. Koch
Redaktion:
Werbeabteilung
MIFA-Sangerhausen
Druck: Grafischer Großbetrieb
Völkerfreundschaft Dresden
111/9/3 P 226/69
VEB : | er Sangerhausen
MN
Sangerhausen
DDR-47 Sangerhausen
Überreicht
durch:
Mifa Katalog Gedanken im Sattel, 1969
- From
- 1969
- Pages
- 24
- Type
- Catalog
- Country
- Deutsche Demokratische Republik
- Brand
- Mifa
- Source
- Gerhard Eggers
- Added at
- 01/03/2020
- Tags
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